Auf dieser Seite finden sie eine Auswahl interessanter Bücher, Filme, Ausstellungen und Veranstaltungen zum Thema Mauer und Leben in der ehemaligen DDR.
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    Newsletter No. 5
    Juni 2000

    Liebe Leserinnnen, liebe Leser,
    liebe Freunde von „Die-Berliner-Mauer.de“,

    im vergangenen Monat konnten wir den Einmillionsten Hit auf unserer Page verzeichnen. Das spornt uns an, unser Angebot auch in den kommenden Monaten weiter auszubauen. Zugriffe aus beinahe 30 Ländern - von Argentinien, Brasilien und Mexico, über die USA und beinahe alle europäischen Länder bis nach Japan, zeigen uns, dass wir mit unserem Konzept richtig liegen. Berlin und die Mauer sind auch ein internationales Thema.

    Mauer und DDR-Vergangenheit halten die Stadt weiter in Atem. Die Auszeichnung ehemaliger DDR-Bürgerrechtler mit dem Nationalpreis, die Berliner Autorentage mit dem diesjährigen Titel „Wo bitte geht es zur Mauer?“, die Mauer als Expo-Projekt in Berlin-Adlershof (Aus der Geschichte in die Zukunft) und die Restaurierung des wichtigsten Mauerkunstwerkes, der East-Side-Gallery, sprechen für sich. Ende Mai haben dort die Sanierungsarbeiten an einem 300 m langem Abschnitt an der Mühlenstraße in Friedrichshain begonnen. Berlin hat also doch noch erkannt, dass die Mauer mehr ist, als ein Überbleibsel vergangener Zeiten, das zügig aus dem Stadtbild verbannt werden muß.

    Lektion I - Begrüßungsgeld?

    Welcher Ostdeutsche erinnert sich noch an seine ersten, zaghaften Schritte in Richtung Westen, vorbei an den grimmigen Mienen ostdeutscher Grenzsoldaten und mißgelaunter Zöllner, den damals noch jubelnden Westdeutschen entgegen, die mit eisgekühltem Sekt hinter der Grenze warteten. Schnell hatte sich herumgesprochen, dass die Bundesregierung ein kleines Begrüßungsgeld in Höhe von 100 Westmark bereithielt, dass bei jeder Bank abgeholt werden konnte. Riesige Schlangen vor der Dresdner, der Deutschen, der Commerzbank und all den anderen Geldinstituten, die gegen Vorlage des kleines ostdeutschen Personalausweise das Geld aushändigten. Vom 9. November bis 31. Dezember 1989 allein 1,6 Mrd. DM. Wer clever war, konnte sich im großzügigen Freistaat Bayern noch einmal einen Obolus abholen.
    Inzwischen hat die in Berlin gegründete „Stiftung Begrüßungsgeld“ die Ostdeutschen dazu aufgefordert, dieses Geld – auf freiwilliger Basis - zurückzugeben und damit sozial benachteiligten Jugendlichen in Ost- und Westdeutschland gemeinsame Ferien zu ermöglichen. Die Idee hat sich noch nicht verbreitet, aber es ist davon auszugehen, dass die Medien das Thema in den nächsten Wochen aufnehmen werden. Wie sollten die Ostdeutschen also mit dieser Aufforderung umgehen?

    Dazu einige Fakten: Von dem ausgezahlten Begrüßungsgeld hat in erster Linie die westdeutsche Wirtschaft profitiert. Nach einschlägigen empirischen Untersuchungen setzt sich der durchschnittliche Warenkorb aus den ersten ausgegebenen 100 Westmark anteilig wie folgt zusammen: Südfrüchte, Schokolade, Bohnenkaffee, Zigaretten, Kosmetika, Waschpulver, Pornographische Artikel, kleine elektronische Produkte, Markenjeans (Levi’s), Werkzeug und Baumarktprodukte, Schallplatten, Bücher und der Rücktausch in Ostmark. (Kein Paradoxon, sondern pure Ökonomie: Geschäftstüchtige Ossis konnten ihr Begrüßungsgeld am Westberliner Bahnhof Zoo kurz vor der Währungsunion zum Kurs von bis zu 1:9 in knapp 1000 Ostmark zurücktauschen, auf ihr kleines ostdeutsches Sparkassenkonto einzahlen und im Rahmen der Währungsunion 1990 auf die automatische Verwandlung der wertlosen Ostmark 1:1 in harte Westmark ausharren. Beinahe 1000% Gewinnspanne hat manchen kapitalistischen Unternehmer geboren.)
    Unsere Empfehlung: jede 100 DM, die von Privatpersonen in die Stiftung fließen, könnten um 100 DM aus der Konsumgüterwirtschaft getoppt werden.
    Ob die deutsch-deutsche Integration tatsächlich mit gemeinsamen Urlaubsprojekten vorangetrieben wird, bleibt abzuwarten. Sinnvoller als Urlaub sind sicherlich zukunftsgerichtete, also ausbildungsgestützte Projekte. Oder Programme in den Brennpunkten, in den ost- und westdeutschen Schulen, in denen sich die Ausgrenzung zwischen den Deutschen in dem Maße fortgepflanzt hat, wie sie den Kindern in der Erwachsenenwelt vorgelebt wird.

    In den nun folgenden News finden Sie wieder einige Buchtips, Hinweise auf laufende Ausstellungen und Theaterstücke an Berliner Bühnen. Weitergehende Informationen finden Sie außerdem bei berlinculture.de. Zum Buch des Monats hat die Redaktion diesmal Ernst-Wilhelm HändlersSturm“ gewählt, ein modernes Märchen über die Abgründe falsch verstandener Modernität und Modernisierung mit unmittelbaren Bezügen zur deutschen Gegenwart.

    Bücher      

     

    Belletristik:

    Karen Duve
    Regenroman, Eichborn.Berlin

    Karen Duve wird im kommenden Jahr 40 und wird von den deutschen Feuilletons noch immer als eines der Fräuleinwunder deklassiert, die seit etwa 2 Jahren herbeizitiert werden, um der deutschen Literatur ein PR-Wunder zu bescheren. Aber mit diesem Signet wird man einer Autorin wie Duve nicht gerecht. Karen Duve hat ihr Talent reifen lassen, nach einer Reihe Kurzgeschichten und Erzählungen, u.a. in der deutschen Ausgabe des Playboy, legt sie nun ihren ersten Roman vor.
    Der Schriftsteller Leon, Protagonist und Anti-Held in einem, bezieht mit seiner Frau das vermeintliche Traumhaus am Rande eines ostdeutschen Moores und glaubt damit sein Glück gefunden zu haben. Aber Karen Duve entwirft ein Szenario, das Leon immer wieder hart an den Abgrund führt. Das Moor wird zu einem Synonym der Seelenlandschaften. Spannend und psychologisch fein gestrickt. (ts)

    Georg Klein
    Anrufung des blinden Fisches,
    Alexander Fest Verlag


    Georg Klein schiebt seinem gelungenem Romandebut (Libidissi, Newsletter No. 4) einen Erzählungsband nach und unterstreicht damit, dass die Kunst des Erzählers mindestens eben solcher Meisterschaft bedarf, wie die des Romanciers. Fein komponiert der Autor zwölf Erzählungen in vier Abschnitten, denen er mit den Titeln Membran, Schnittstelle und Geschlecht Leitmotive voranstellt, die im Verlauf der spannenden Lektüre Kontur gewinnen. Nach Libidissi erweist sich Klein einmal mehr als Meister der Komposition, der zeigt, dass es gerade bei der Zusammenstellung eines Erzählungsbandes einer geschickten dramaturgischen Verknüpfung bedarf.
    Es sind sonderbare Figuren, denen Klein hier Leben einhaucht, Schiem zum Beispiel, der ein ganzes Medienimperium beherrscht, Neuma der geheimnisvolle Maler oder Smitt, der in der Kanalisation lebt. Klein versucht das Unmögliche: mit diesen Erzählungen den Riß zu kitten, der die High-Tech-Welt von den Nischen trennt, in denen sich archaische Formen des Zusammenlebens konserviert haben. Aber Kunst darf alles. Und das Faszinierende an Kleins Büchern ist der ungebrochene, für heutige Zeiten beinahe unerhörte Hang zum Fabulieren des Erzählers. Hier gibt es einen Autor, der nicht nur Lust hat seiner Phantasie die Zügel schießen zu lassen, der noch dazu wider allem „literarisch korrektem Mainstream“ nicht auf der Woge des Hyper- und Pop-Realismus dahingleiten möchte. Klein überspringt auf seinem Text-Board die kleine vergängliche Welle, hinter der sich letztlich doch nichts anderes als das Reservoir verstaubter Tagebuchnotizen befindet. Es lebe die Literatur! (af)

    Ernst-Wilhelm Händler
    Sturm; Frankfurter Verlagsanstalt 1999

    Kluge Köpfe und große Phantasien gibt es in diesem Buch zuhauf. Da ist Suttung, der die Welt vercodet und in Rechenmaschinen einspeist. Und da ist Hant, der grandiose Architekt, der sich Suttungs bedient, um der Welt eine neue Form zu geben. Sie begegnen sich in dem merkwürdig kalten Deutschland der Gegenwart. Einem subjektlosen Ort. Mit erfrorener Geschichte. Es ist ein Niemandsland, das Suttung nach Jahren der Abstinenz voller Befremdung betritt. Zwei geheimnisvolle Frauen, die ebenfalls für Hant arbeiten, weichen nicht von seiner Seite. Suttung gerät in den Bann seines Auftraggebers, den der Perfektionismus umtreibt. Hant will das Entwerfen und Bauen automatisieren und den langen Atem der künstlichen Intelligenz exerzieren: Die Erschaffung der Städte ohne die Fehler und die Anarchie des Zufalls. Durch Computer, die unentwegt neue Konstruktionspläne aus den Tiefen ihrer Arbeitsspeicher in die Welt befördern, und durch Roboter, die Gebäude, Straßenzüge und Städte im Fließbandtakt erschaffen.
    In seinem nunmehr dritten Buch läßt Ernst Wilhelm Händler die Hybris der technizistischen und kreativen Weltbeherrschung über Abgründe laufen. Sie kommt dort an, wo Schöpfung und Zerstörung ununterscheidbar werden. Mit seiner geschliffenen Sprache schafft es Händler, ein Panorama zu zeichnen, das an die Grenzen der Fassadenwelt Hants heranreicht. Mitunter gewinnt sie an solcher Präzision, daß sie die Glastürme unserer Städte unsichtbar berührt. Und dann, für kurze Momente, scheinen diese zu wanken. So, wie die Wolkenkratzer im Wind. (sm)

     

    Thomas A. Schmidt
    Serengeti, Roman, Rake Verlag, 28,90 DM
    (3-931476-01-4)

    Eine verhängnisvolle Reise in die Vergangenheit:
    Fünf Männer und fünf Frauen aus dem Westen Deutschlands folgen im Jahr 1999 der Einladung in das hermetisch abgeriegelte Erholungsgebiet "Zukunft" auf einer Insel im Nordosten Deutschlands. Wie in einem Naturpark sind dort Verhältnisse konserviert, wie sie vor 1989 überall in der DDR geherrscht haben. Was als humorvolle Urlaubsreise beginnt, wird jedoch bald zur beängstigenden Wirklichkeit. Fast willenlos lassen sich die Neuankömmlinge mit einer neuen Identität ausstatten und bemerken nicht, daß sie der neuen Realität nicht mehr entfliehen können.

    Thomas A. Schmidt
    Weimar oder das Ende der Zeit, Roman, Rake-Verlag, 38,00 DM (3-931476-05-7)

    Deutschland, zehn Jahr nach der Wende. 1999 prallen Ost und West in der Kulturhauptstadt Weimar aufeinander. Der Kunstversicherer und Sprengspezialist Jakob Weimar, Held des Romans, flieht aus Frankfurt/Main in den Osten Deutschlands bis nach Weimar, auf der Spur seiner großen Liebe Rachel. Er trifft auf skurrile Gestalten, Klassikverehrer, die die Gegenwart verdrängen, Nostalgiker, die den untergegangenen Sozialismus wieder aufbauen wollen und eine kleine Revolution anzetteln, kopflose Intendanten, berühmte Schriftsteller und weniger berühmte Künstler. Alles spielt sich vor der Kulisse der Kulturhauptstadt im turbulenten Jahr 1999 ab. Auch mit Kulturkritik wird nicht gespart, wenn Schmidt in Weimar das deutsche Disneyland entdeckt. (df)

    Politische Bücher/Bücher zum Thema Mauer/Berlin:

    Hans-Hermann Hertle
    Chronik des Mauerfalls
    ISBN 3-86153-113-5, 29,80 DM

    Feversham und Schmidt
    Die Berliner Mauer heute

    Rainer Hildebrand
    Die Mauer spricht, Bildband, 19,80 DM

    Der 17. Juni
    Zehn Erlebnisberichte, 12,80 DM

     

Ausstellungen       

 

    Das Verborgene Museum (Dokumentation der Kunst von Frauen)
    und die Galerie Argus (Berlin- Mitte, Marienstraße)

    zeigen: Ursula Arnold, Fotografien 1956 bis 1996.
    Impressionen aus dem Alltag der DDR, aus der Wende und Nachwendezeit.

    Altes Postfuhramt/Berlin-Mitte (Oranienburger Straße)
    Und ab die Post
    Junge Kunst aus Berlin

    Arndt& Partner II (Mitte, Hackesche Höfe III)
    Via Lewandowsky, Turn
    Turnen in der DDR? Volkssport oder Massenhysterie?
    Ein Blick zurück durch die Augen des Künstlers Lewandowsky.

    Neuer Berliner Kunstverein (Mitte, Chausseestraße)
    Haim Steinbach, North East South West

    Galerie SSK –Joanna Kamm (Mitte, Linienstraße)
    3. Doppel (Eröffnung am 14. Juni)
    Karen Koltermann (Fotografie) und Holger Langer (Installation)

    Galerie Schuster&Scheuermann (Charlottenburg, Clausewitzstraße)
    Jack Sal; Probe/Repro (ab 10. Juni)

     

    Thematische Ausstellungen

    The Story of Berlin – Geschichten einer Metropole
    Erlebnisausstellung im Ku’damm Karree (täglich von 10 – 20.00)

    Informations- und Dokumentationszentrum beim Bundesbeautragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (Gauck-Behörde)
    Ständige Ausstellung zum Thema:

    “Staatssicherheit - Machtinstrument der SED-Diktatur”
    Mauerstrasse 38
    geöffnet Mo.- Sa. 10.00 -18.00
    030 / 22 41 77 70
    weitere Infos unte
    r http://www.bstu.de

    Grenzblicke – Werkschau des Dokumentationszentrums Berliner Mauer
    Bernauer Straße 111
    030 / 464 10 30

     

Theater       

 

    Deutsches Theater
    Verratenes Volk von Einar Schleef
    Ein dramatischer Rückblick auf Deutschland im 20. Jahrhundert.

    Volksbühne
    Vaterland, Regie Frank Castorf
    Deutschland heute – und Hitler noch immer an der Macht?
    Ein Spiel mit dem Grauen nach dem Film von Edward Harris.
    Inszeniert von Meister Castorf.

Veranstaltungen       

 

    Führung zur Gedenkstätte Berliner Mauer (Bernauer Straße)
    030 / 463 51 06

    Gangart Berlin – Führung zum Thema 10 Jahre Mauerfall
    030 / 32703783

    Stadtverführungen/ Kulturbüro Berlin
    030 / 444 09 36
    Jeden Montag Mauerspaziergang von der Bernauer bis zur Invalidenstraße
    Berlin im 20. Jahrhundert

    Sonderführung „Auf den Spuren der Mauer“
    Edith Anna Haase, Berlin
    030 / 217 63 20

    Die Mauer – eine Spurensuche / Ansichtssachen
    030 / 4299 133

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